Kapitel 3 - Der Überlebende
Polizeiobermeister Sebastian „Wastl“ Schulze steckte tief in der Scheiße. Was als normale Frühschicht begonnen hatte, war in kürzester Zeit zum absoluten Albtraum geworden. Überall in der Stadt waren Meldungen eingegangen, dass sich Horden von betrunkenen Randalierern auf den Straßen bewegen und die Leute förmlich anfallen sollten. Drei Streifen seiner Inspektion hatten insgesamt 5 Randalierer festgenommen, die absolut nicht bei Sinnen zu sein schienen. Ganz klar, die waren ein Fall für die Klappse. Bereits bei der Festnahme waren 3 Kollegen in die Unterarme gebissen worden und hatten stark blutende Wunden davongetragen.
Da niemand als Weichei gelten wollte, hatten sie die Zähne zusammengebissen, die Wunden verbunden und mit der Arbeit weitergemacht. Wastl selbst war unverletzt geblieben. Seine schwarze, lederne Uniformjacke hatte einen Biss abgehalten. Die Randalierer waren in den speziell gesicherten Transporter geladen und auf die Dienststelle gefahren worden.
Auf dem Revier dann die Katastrophe. Wastl wusste nicht mehr wie es geschehen konnte, aber beim Ausladen der Verrückten war etwas gründlich schief gegangen. Alle fünf hatten sich losreißen können, zerrissen Kollegen mit scharfen Zähnen die Kehlen und zogen weiterhin mordend durch die Dienststelle wie in einem Blutrausch. Durch Schüsse waren sie kaum aufzuhalten. Die Kollegen die nicht gleich getötet worden waren, verschossen ihre ganze Munition auf die Angreifer, konnten sie aber nicht aufhalten. Wastl hatte schließlich herausgefunden, dass nur Kopfschüsse gegen diese Irren effektiv waren, doch der Horror fand kein Ende.
Totgeglaubte Kollegen erhoben sich plötzlich wieder, jedoch schienen auch sie jetzt nicht mehr bei Sinnen zu sein. Mordgierig stürzten nun auch diese sich auf alles was noch lebte und durch die schiere Masse waren auch sie nun nicht mehr aufzuhalten. Wastl hatte sich noch einige wenige Pistolenmagazine der noch toten Kollegen greifen können und war, Kopfschüsse verteilend, tiefer ins Innere der Dienststelle zurückgewichen. Dort hatte er sich schließlich im Besprechungsraum verbarrikadiert und wartete nun hinter der bereits sehr löcherigen Tür auf sein Ende. Den Großteil seiner Munition hatte er bereits durch die geschlossene Tür verschossen. Dies schwächte zwar die Stabilität der Tür noch weiter, aber was hätte er sonst tun können um den gierigen Mob wenigstens einigermaßen zurückzuhalten.
Ein Wahnsinniger steckte bereits einen Arm durch ein Loch in der Tür. Wastl zielte auf die Stelle wo er den Kopf vermutete, drückte ab und sah zufrieden wie der Arm verschwand. Wenn er doch nur nicht so allein gewesen wäre. Wastl wünschte sich jetzt seinen Streifenpartner herbei. Der hatte zu seinem Glück und zu Wastls Pech aber Urlaub. Christoph Heller war mit seinen knapp 1,73m zwar zwei Köpfe kleiner als der 1,90m große Wastl und bestimmt 20 Kilo leichter, aber im Streifendienst ein ruhiger, zuverlässiger Kollege der stets einen klaren Kopf behielt.
Dann ein Hoffnungsschimmer. Draußen vor der Tür peitschten Schüsse auf. Nicht das dumpfe Bellen der Faustfeuerwaffen. Das scharfe Knallen von Maschinenpistolenschüssen erklang wie die „Ode an die Freude“ in Wastls Ohren. Nach einigen Schüssen verstummte das Wummern gegen die erzitternde Tür und Wastl erlaubte sich erst einmal einen tiefen Atemzug.
Dann veränderte sich die Schussfrequenz. Das Peitschen wurde zum 3er Rattern und mündete schließlich im Pistolenbellen. Dann nichts mehr. Die Stille klang nicht gut. Wastl musste nachsehen: Waren seine Retter überrannt worden? Die Waffe im Anschlag, öffnete Wastl die Überreste der Tür. Der ganze Gang war mit Leichen übersät. Am Ende des Gangs war noch Bewegung. Ein uniformierter Kollege lag auf einem Zivilisten und rang mit ihm. Schnell hin zur Unterstützung. Doch der Kollege war ja gar kein Kollege. In rasender Gier versuchte der Ex-Kollege den halb bewusstlosen Zivilisten zu zerreißen. Wastl holte zu einem Tritt aus, der einen Elefanten umgeworfen hätte. Das Monster flog förmlich an die gegenüberliegende Wand. Versuchte sich dort wieder auf den Zivilisten zu stürzen. Ein schneller Pistolenschuss vereitelte das Vorhaben. Wastl richtete die Waffe auf den Zivilisten. Sicher war sicher. Dann erstarrte er. „Christoph?“
Polizeiobermeister Chris Heller blickte mit verschwommenem Blick in den Lauf einer P7. „Christoph?“ fragte die verschwommene Gestalt hinter der Waffe. Chris´ Blick klärte sich langsam. Die auf ihn gerichtete Waffe wurde gesenkt. „Was zum Teufel machst DU denn hier?“ fragte Polizeiobermeister „Wastl“ Schulze. Chris konnte zwar wiedereinmal nur noch krächzen, aber das Grinsen klappte noch ganz gut: „Scheiße, hätt ich mir ja denken können, dass das letzte überlebende Arschloch in diesem Haufen Scheiße DU bist!“
Wastl grinste zurück: „Na los steh auf du Penner, oder willst hier nen Nickerchen machen?“ Wastl griff Chris´ Arm und half ihm hoch. „Bist du verletzt?“ Chris besah sich kurz selbst: „Nicht die Spur... Wie ists bei dir?“ „Kein Kratzer... hab ich wahrscheinlich dir zu verdanken... Danke Mann!“ entgegnete Wastl. „Ich danke DIR! Na wir sind quitt denk ich...“ ächzte Chris.
Inmitten von Blut und Tod gönnten sich die beiden Beamten erst mal eine Zigarette und jeder setzte den anderen über seine Erlebnisse und den Kenntnisstand über die allgemeine Lage ins Bild.
„Glaubst du es gibt noch Überlebende hier?“ fragte Chris nach einem tiefen Zug an der Zigarette. Wastl blickte den blutüberströmten Gang hinunter: „Kann ich nicht genau sagen, aber ich würde nicht drauf wetten.... Die letzten Schüsse die ich hier gehört habe, waren deine und meine Eigenen...“ erwiderte er. „Scheiße...“stöhnte Chris, „dann würde ich sagen, wir packen unseren Kram zusammen und verpissen uns von hier...“ Die Polizeiobermeister Heller und Schulze griffen sich die verbleibenden Waffen und sammelten Munition, wild entschlossen sich von hier zu verpissen.
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